Im allgemeinen Leitsatz der vergangenen CRM-Expo, die im November in Köln stattfand, heißt es: “Customer Relationship Management ist eine umfassende Methode (Vorgehensweise), die eine nahtlose Integration aller Geschäftsbereiche, die mit dem Kunden in Berührung kommen [...] bereitstellt, durch die Integration von Mensch, Prozess und Technologie unter der Nutzung der revolutionären Wirkung des Internets.” Diese Definition verdeutlicht einerseits, dass CRM nicht in erster Linie nur als Softwarelösung zu verstehen ist, sondern vielmehr eine strategische und zielgerichtete Sichtweise darstellt. Andererseits wird offensichtlich, dass der Kunde der Dreh- und Angelpunkt sämtlichen Handelns in CRM-Projekten ist. Die Relevanz einwandfrei funktionierender Schnittstellen zum Kunden ist die logische Schlussfolgerung dieser Maxime. Eine dieser Schnittstellen zum Kunden stellt das zunehmend an Bedeutung gewinnende Internet dar, womit der Kreis zum oben zitierten Leitsatz wieder geschlossen wäre.
Aktuellen Untersuchungen zufolge liegt der Anteil der Internetnutzer in Deutschland derzeit bei etwas mehr als 50 Prozent. In anderen europäischen Industriestaaten werden zwischen 30 und fast 70 Prozent erreicht, allen voran die nordischen Länder Island, Schweden und Dänemark.Marktforschungen, die sich mit dem Kaufverhalten der Internet-Nutzer auseinandersetzen, haben ergeben, dass der Großteil der Surfer die Anschaffung von Produkten über das Internet zukünftig noch weiter intensivieren will. Zur Zeit sind nach wie vor Software, Bücher und CD’s die Renner. Kein Wunder also, dass insbesondere die Bereiche Handel, Versand u.ä. ihre Web- und ECommerce- Lösungen ausweiten wollen. Die Nutzungsarten im Internet lassen sich beliebig weiter fortsetzen: Reisebuchungen, Tickets jeglicher Art, Bankgeschäfte, etc.
Alle diese Anwendungsmöglichkeiten haben eines gemeinsam: Der Nutzer bzw. Kunde muss sich gegenüber dem Anbieter identifizieren. In Fällen, in denen der Kunde bereits Geschäftsbeziehungen zum Anbieter unterhält, ist dies leicht möglich. Üblicherweise wird dies mit Zugangspassworten und - in besonders sensiblen Bereichen - zusätzlich mit verschlüsselter Datenübertragung organisiert. Klassisches Beispiel hierfür sind alle Arten von Bankgeschäften: Der Kunde verfügt beispielsweise bereits über ein Konto bei einer Bank, das mit hoher Wahrscheinlichkeit persönlich, also außerhalb des Internets eingerichtet wurde. Die anschließende Freischaltung eines Online-Kontos stellt lediglich eine Erweiterung der bereits vorhandenen Kundendaten dar.
Anders verhält sich dies, wenn die Geschäftsbeziehung über das Internet initiiert wird. Der Anmeldeprozess für einen Neukunden oder Interessenten läuft hierbei meist in zwei Schritten ab:
1. Der Kunde pflegt seine persönlichen Daten in einer Anmeldemaske.
2. Der Anbieter bestätigt den Eingang der Anmeldedaten und übermittelt einen Zugangscode und/oder ein Nutzungspasswort. Die Zusendung dieser Daten erfolgt je nach Sicherheitsrelevanz per Post, E-Mail oder direkt im Online-Dialog.
In jedem Falle aber besitzt eine Anmeldemaske (vgl. Abb. 1) meist eine Anzahl von Pflichtfeldern und darüber hinaus häufig auch optionale Felder wie Titel oder Beruf. Über die Bedeutung dieser Kundendaten im Allgemeinen und über die Qualität der Kundendaten im Besonderen ist schon viel geschrieben und diskutiert worden. Es ist unumstritten, dass eine gute Adressdaten- Qualität Voraussetzung für ein erfolgreiches CRM ist. Doch was zeichnet eine gute Qualität aus? Grundsätzlich lässt sich die Qualität an drei Hauptmerkmalen messen:
1. Inhalte in den Namensfeldern
2. Postalische Anschrift
3. Dublettenfreier Bestand
Von korrekten Inhalten in den Namensfeldern kann dann gesprochen werden, wenn in allen entsprechenden Eingabefeldern ein semantisch zulässiger Eintrag vorliegt: Befindet sich im Vornamensfeld tatsächlich ein Vorname und im Nachnamensfeld ein gültiger Nachname oder wurden vielleicht versehentlich Vor- und Nachname vertauscht? Handelt es sich bei einem Eintrag im Titelfeld wirklich um einen Titel von z. B. akademischem oder adligem Grad? Passt die gewählte Anrede “Herr/Frau” zum Geschlecht des Vornamens? ...
Eine korrekte postalische Anschrift lässt sich wesentlich leichter als eine real existierende, buchstabenkorrekte und somit zustellbare Adresse feststellen (...an die der Postbote liefern kann). Jeder auch noch so kleine Fehler, z.B. Buchstabendreher oder fehlende PLZ, erschwert die Zustellbarkeit.
In welchem Zusammenhang steht nun dieser kleine Exkurs über die Qualität der Kundendaten in CRM-Systemen zu den weiter oben erläuterten Internet-Anmeldemasken? Die Antwort liegt auf der Hand. Der Internet- Nutzer ist hier selbst derjenige, der die Güte seiner eigenen Daten bestimmt. Dies ist zwar nichts grundsätzlich Neues, aber im Unterschied zu Verfahren mit traditionellen Anmeldeformularen oder Coupons liegt zwischen der Online Anmeldung im Internet und dem Abspeichern der Daten in die Kundendatenbank keine zusätzliche Schnittstelle mehr - z.B. in Form einer Datentypistin oder auch eines Scanners. Diese Schnittstelle kann einerseits korrigierend wirken, indem offensichtliche Fehler ausgemerzt werden - sie stellt andererseits aber auch eine zusätzliche Fehlerquelle dar. Bei erstgenannter Variante wird dies kaum jemand zur Kenntnis nehmen, denn das Ergebnis ist schließlich in Ordnung. Im anderen Fall sind spätere Beschwerden des Kunden nicht ausgeschlossen.
Angenommen Herr Willi Wellenreiter (dieser Name existiert tatsächlich) füllt eine Internet-Anmeldemaske mit seinen persönlichen Daten aus und übersieht dabei, dass die Voreinstellung für die Anrede auf „Frau” gestellt ist. Beim Eintreffen eines Briefes mit der Anrede als „Frau” beklagt sich Herr Wellenreiter energisch über diese unfreiwillige Geschlechtsumwandlung. Dass er selbst der Verursacher dieser „Operation” ist, wird ihm natürlich nicht bewußt sein.
Ein anderes Beispiel: In den Anmeldedaten werden folgende postalischen Daten eingetragen: “52355 Düren, Graf-Schellart-Str. 1” Die Daten scheinen korrekt - sind es aber leider nur fast, denn PLZ und Ort stimmen, aber es gibt in dem genannten Ort nur einen „Graf-Schellart-Platz” und einen „Graf-Schellart-Weg”, eine „Graf-Schellart- Str.” hingegen existiert nicht. Eine dringend erwartete Postlieferung an diese Adresse würde daher vielleicht verzögert oder gar im falschen Haushalt landen. Die Liste der möglichen Fehleingaben durch den Kunden lässt sich beliebig fortführen und entspricht der Menge der Fehler, die Menschen in diesem Zusammenhang machen können. Irren ist schließlich menschlich.
An dieser Stelle rückt nun das Thema dieses Artikels in den Vordergrund: „Müllvermeidung statt Müllbeseitigung”. Zugegeben, der Vergleich fehlerhafter Kundendaten mit Müll hinkt etwas, doch in der Tat ist die Aussage so zu verstehen: „Wenn keine fehlerhaften Daten in das CRM-System einfließen, müssen diese nicht nachträglich mit sehr viel höherem Aufwand korrigiert werden”. Leider sieht die Praxis heute noch ganz anders aus. Fast alle Internet-Anmeldedialoge - einige wenige löbliche Ausnahmen ausgenommen - übernehmen die Daten immer noch nahezu ungeprüft in die eigenen Adressdatenbanken.
Neben den oben aufgeführten Problemen bei der Übernahme von Kundendaten beim Aufbau einer seriösen Geschäftsbeziehung sei nicht zuletzt darauf hingewiesen, dass gerade das Internet eine Plattform für „Spaßvögel” aller Art bietet. Das Anfordern von teuren Werbeunterlagen, Katalogen etc. an fiktive Mickey-Mouse-Adressen sei hier nur stellvertretend genannt. Die Motive für derartige Aktionen bleiben wohl meist im Verborgenen, in den seltensten Fällen wird damit aber eine gezielte, geschäftsschädigende Strategie verfolgt.
Welche Maßnahmen sind also konkret zu ergreifen, um der Verschmutzung des Adressbestandes vorzubeugen? Die einzig vernünftige Antwort kann lauten: Schon bei der Eingabe der Daten müssen diese geprüft und ggf. sofort korrigiert werden! Denken wir zurück an das Beispiel „Graf-Schellart- Str”. Nur die Person selbst kann die richtige Anschrift kennen. Werden die Daten erst in das nachgelagerte CRM-System aufgenommen und zu einem späteren Zeitpunkt geprüft, hat man keine Chance mehr, die Richtigstellung durchzuführen, ohne den Kunden separat zu kontaktieren. Dieser ist schließlich nicht mehr online. Im Idealfall sollte ein Anmeldedialog im Internet daher beispielsweise dem in Abb. 2 dargestellten Ablauf entsprechen.
Dennoch sollte der Kunde immer das letzte Wort haben. Damit ist gemeint, dass jede Plausibilitätsprüfung nur so gut sein kann wie die zur Prüfung verwendeten Referenzdaten und Mechanismen. Dass es unmöglich ist, tagesaktuell über sämtliche Referenzen (z.B. Straßenverzeichnisse, Namenslisten) zu verfügen, dürfte einleuchten. Als Konsequenz hieraus sollte in letzter Instanz der Kunde immer die Möglichkeit haben, auch Daten abzuspeichern, die vom System als vermeintlich nicht valide bewertet wurden.
Ist ein Kunde einmal registriert, erfolgen zukünftige Anmeldungen über die zugewiesene Benutzerkennung.Was aber passiert, wenn ein Benutzer oder Interessent versehentlich, oder einfach weil er seine Zugangsdaten vergessen hat, eine neuerliche Anmeldung durchführt? Natürlich sollten diese Situationen geprüft und abgefangen werden können. Die Nutzung fehlertoleranter Vergleichsmechanismen ist hierbei unerlässlich. Ob diese Prüfung allerdings im Online- Dialog durchgeführt werden kann, und wie im Falle einer identifizierten Doppeleintragung dann reagiert wird, ist individuell zu entscheiden. Festzuhalten bleibt aber auch hier, unabhängig davon, ob der Kunde von seiner Doppeleintragung in Kenntnis gesetzt wird oder nicht, dass die unmittelbare Erkennung von Dubletten schon bei der Erfassung die Möglichkeit bietet, diese Daten gesondert zu behandeln.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass geeignete Prüfmethoden bei der Erfassung von Anmeldedaten über das Internet eine Möglichkeit bieten, eine hohe Qualität der Kundendaten in CRM-Systemen wirksam zu sichern. Die Erfahrung zeigt, dass selbst bei sehr einfach strukturierten Anmelde- Dialogen die Fehlerquote bei etwa 5% liegt.Mit anderen Worten, jeder zwanzigste Surfer macht Fehler bei der Eingabe seiner persönlichen Daten. Wenn von diesen 5% etwa 95% zu Recht als fehlerbehaftet zurückgewiesen und dem Benutzer zur Korrektur angeboten werden, kann somit rein rechnerisch eine Quote von annähernd 100% einwandfreier Kundendatensätze, statt der sonst üblichen 95%, erreicht werden.